Das Wort Collage
um neunzehnhundertzehn erfunden
für Klebebild
weil da die Welt begann
uns um die Ohren zu fliegen
und wir versuchten
sie wieder zusammen zu kleben
welches Wort
finden wir heute
kein geschäft gemacht
kein kapital aufgebaut
keine existenz gegründet
mein leben rechnet sich nicht
mein dasein zählt
Zurückgekehrt zu dem, was zählt. Zurückgekehrt zum Schreiben. Ich bin wieder hier.
Was man nicht kaufen kann,
würde ich auf den Wunschzettel schreiben.
Frieden vor allem
würde ich drauf schreiben-
Doch was sollte das bringen?
Wer sollte den bringen?
Der liebe Gott, der Weihnachtsmann?
Weil das also sinnlos ist,
würde ich nichts mehr schreiben.
Wunschzettel hätten sich
für mich erledigt.
Weißt du, was ich mir wünsche?
Dass ich trotzdem
hoffen kann.
Was mich über leben lässt,
werde ich auf den Wunschzettel schreiben.
Hoffnung vor allem
werde ich drauf schreiben.
ich stelle mich vor
und stell mir dabei vor
eines tages muss ich mich
nicht mehr verstellen
dann stehe ich zu mir
und meinem scheitern
ich stell mir vor
dass scheitern dann
kein scheitern mehr ist
sondern wachstum
Ein halbes Jahr herrschte Schweigen auf diesem Blog.
Nun habe ich das Gefühl, mich neu vorstellen zu müssen.
Was war los?
Der Traumjob als Lehrerin hat sich als Falle erwiesen. Ich habe es nicht mehr geschafft.
Jetzt, im neuen Schuljahr, probiere ich es noch einmal. Mit weniger Stunden.
Was war los? Ich habe in diesen Monaten viel geschrieben. Nur für mich. Meine Kreativität hat mir durch die Täler geholfen. Es ist an der Zeit, hier davon zu erzählen.
Was mir Hilfe war, will ich teilen.
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zerstörte häuser
zerbombt schwarz kaputt
auf @zelenskiy-official
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ein helles esszimmer
mit großem holztisch
auf @solebich
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Mir ist so kalt trotz Himbeertee.
Die Wintersonne liebt den Schnee.
Der Eiswind singt schon wieder.
Und auch die Amsel:
Frühlingslieder.
Zurzeit blogge ich so oft, dass ich jedes mal beim Betreten meiner Schreibtischwelten mein Passwort zurück setzen muss. Weil ich es über die lange Zwischenzeit vergessen habe!
Mein Vorsatz für 2022 war: mindestens einmal im Monat bloggen.
Schon im Januar ist es knapp damit geworden.
Das lag am Januar - ihr wollt es gar nicht wissen. Was in den Schulen los ist, wie sehr wir alle nicht mehr können, wie die Kraft fehlt.
Deshalb ist dieses Gedicht ein Sieg! Mein Widerstand. Die Umstände haben mich nicht gänzlich aufgefressen.
Und die Hoffnung, die Hoffnung ist noch da.
Oh Gott
ich kann nicht mehr
Oh Gott
was soll ich tun
Oh Gott
bist du weit weg
Panikherz
Könntest du bitte
ruhiger schlagen,
mein Panikherz?
Schlag ruhig.
Lauf nicht im Galopp
schon am Morgen los.
Als wäre die Katastrophe
hinter uns her.
Schlag ruhig.
Die Katastrophe hat uns
längst eingeholt.
Dennoch sind wir nicht
stehen geblieben.
Schlag ruhig.
Schlag weiter.
Panikherz.
Eine der besten Dinge im eben zu Ende gegangenen Jahr war, dass Schreiben immer noch geht, wenn vieles Andere nicht mehr möglich ist.
Ja, das letzte Jahr hat mir sogar eine erste Gedichtveröffentlichung auf Papier möglich gemacht. Im 28. Band von Das Gedicht ist ein Gedicht von mir abgedruckt. Der Anton G. Leitner Verlag hat das schöne Motto: Poesie rettet den Tag.
Dem stimme ich zu. Darum lasse ich dieses neue Jahr mit einem Freitagsgedicht beginnen.
Danke fürs Vorbeischauen und Lesen.
Kommt gut an in diesem noch so neuen Jahr.
Ich lache
Tränen
und fange
an zu weinen
weil ich
merke
ich kann
wieder
Tränen
lachen
Die Masterarbeit ist abgeschickt.
Erleichterung pur.
Aber Tränen lache ich erst in einer Runde von Menschen, die so seit Anfang März nicht mehr zusammen sitzen konnte. Jetzt geht das wieder.
Durch die Lockerungen sitzen die Tränen locker. So meine These.
Noch eine These: dieser Blog wird wieder lebendiger. Weil, am Master muss ich nicht mehr stricken. Die Masterarbeit ist abgeschickt. Erleichterung pur.
Ohnmacht.
Sehnsucht.
Tränen.
Einsamkeit.
Rückzug.
Nichts!
Oh
Sonne!
Tulpen,
Eierlikör,
Romane,
Natur.
Nebensachen kommen
nicht sofort
ans Licht...
Sie brauchen erst
eine Prise
Hamoniegestöber
im Schatten.
Als wir uns im Schreibkurs noch treffen konnten, haben wir in Worten geschwelgt.
Ausgeschnittene Worte aus ganz verschiedenen Zeitschriften. Es war eine Freude, daraus Texte zu bauen.
Ich zeige euch das heute als Anregung. Nehmt, was ihr herumliegen habt, schneidet Worte aus, schiebt sie hin und her... Es darf Quatsch herauskommen. Ich zeige euch meine anderen beiden Texte hier unten. ;-) Kindern macht das übrigens großen Spaß. Aber nicht nur ihnen.
Solches "Schreiben" hilft, wenn einem selbst die Worte fehlen.
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Einmal Gemüse ohne ALLES.
Mit Kartoffeln fängt es oft an.
der
Bratwurst
SKANDAL
eskaliert.
Zurück zu den Wurzeln
denn jetzt denkt
die Schule der Frauen
wieder.
Zwischen Acker
und Schreibtisch
werden
weise Worte
zu Ohrwürmern.
In unserem Garten
wachsen die
Trauerweiden.
Wir nennen
sie
Apfelbäume.
Und
wundern uns,
dass sie
keine
Früchte
tragen.
Trauer, die keine Trauer sein darf, das ist ein Lebensthema für mich. Besonders im November.
Hier habe ich aufgeschrieben, warum das so ist.
Wie lange noch
muss ich
schreibend wandern,
bis ich es treffe,
das richtige
Wort?
Noch nie habe ich ein eigenes Gedicht so oft abgeschrieben. Auf bestimmt zehn Blättern habe ich es handschriftlich festgehalten und wiederholt und wiederholt.
Die Suche nach dem richtigen Wort kann lang sein. ;-)
Diese Schriftblätter entstanden beim Kreativtreffen in Dresden. Letzten Samstag trafen wir uns dort: Tabea, Sirid, Ghislana, Katja, Anne und ich. Ihr erratet es bestimmt: unser Thema war Handschrift.
Die Blätter haben wir untereinander getauscht. Dann ging es an Schneiden und Kleben und Binden. Aus den Blättern wurden unter Tabeas Anleitung Minibücher.
Wenn ich im Abstand von einer Woche auf dieses Treffen zurück schaue, dann war das purer Luxus: Einen ganzen Tag Zeit zu haben, um in kreativer Gemeinschaft ein Minibuch, ein Unikat herzustellen!!!
Der Weg nach Dresden hat sich gelohnt!
Ghislanas Bericht gibt es hier.
Hier sind einige Eindrücke von diesem besonderen Tag:
Auf
der Mauer
tanzt ne Wanze
und küsst den kecken
Mauerspecht.
Was für eine Romanze.
wir sind abgehängt?
schneller geht es ohne uns.
sieh doch, wir sind frei!
Meine Heimat Oberlausitz im Allgemeinen und der Landkreis Görlitz im Besonderen wurde unlängst eine abgehängte Region genannt.
Meine Heimat hat viele Zuschreibungen. #unbezahlbarland finde ich schrecklich formuliert, #weilwirhierlebenwollen ist schon besser.
Meine Heimat ist voller Schönheiten und voller Probleme. Diese Probleme verschwinden nicht, wenn aus Protest eine Partei gewählt wird, die viele Parolen aber keine Lösungen zu bieten hat.
Meine Heimat ist am Sonntag hoffentlich keine Hochburg der AfD.
der Horizont
sät Silbertropfen
Glücksgeschichten
spielen über den Wolken
das Meeresrauschen
schwimmt im Wasser
und in Allem
tanzt das Licht
Dieses Gedicht der Marke Schnipselpoesie entstand nach unseren Urlaubstagen an der Ostsee.
Die Zeile mit dem Meeresrauschen hatte mich schon vorher gefunden, den Rest habe ich in den letzten Tagen drum herum gebaut.
Das Dichten mit "fertigen" Worten ist ganz richtig für mich, weil eigene Worte momentan schwer fallen. Alltagssorgen und Todesfälle im Freundeskreis geben mir selbst keine lichtvollen Worte ein. Mit der Schere kann ich sie finden.
So...
Zwei vier sechs acht zehn.
Mein Leben ist nicht schön.
Zwei vier sechs acht neun.
Nur schwer kann ich mich freun.
Zwei vier sechs acht acht.
Der Tag wird mir zur Nacht.
Zwei vier sechs acht sieben.
Nichts ist mir geblieben.
Zwei vier sechs acht immerzu.
Ach lasst mich allesamt in Ruh.
… oder so
Eins zwei drei.
Was gibt's? Ein Frühstücksei!
Drei vier fünf.
Ich strick mir schöne Strümpf.
Fünf sechs sieben.
Paul hat mir geschrieben.
Sieben acht neun.
heut will ich mich freun.
Minus mal Minus wird Plus.
Drum kenne ich keinen Verdruss.
Zwischen Mathematik und Lyrik bauen Abzählreime eine schnelle Brücke. In meinem neuen Amt als Mathelehrerin bin ich dichtend über diese Brücke gegangen.
Was zählt? Wie verbuchen und verrechnen wir die Ereignisse eines Tages? Ich gebe zu, dass ich oft in die negative Sichtweise rutsche. Dabei ist es genauso möglich, mit dem Positiven zu rechnen.
Auf was zählt ihr?
Zwischen den Zeilen
und zwischen den Zahlen
liegt mehr als uns
das Tafelwerk
des Lebens
verspricht.
Ich bin wieder hier. Und bleibe es auch. Das Schreiben hat mir gefehlt.
Kaum ist
das Alte Jahr
abgedampft,
schon nimmt das
Neue Jahr
voll Fahrt auf.
Die Welt
rauscht
an mir
vorbei.
Ich weiß nicht,
wo es hingeht.
Bin ich
hier richtig?
Die Umsteigezeit
war viel zu kurz.
Zieht bitte
jemand die
Notbremse?
So ist es. Das neue Jahr hat mich überrollt. Eigentlich wollte ich hier darüber philosophieren, um wieviel einschneidender für mich der Schuljahreswechsel im Sommer ist. Als dieser eben erlebte Jahreswechsel....
Naja, so träumte ich vor mich hin. Bis ich unsanft erwachte. Diesmal waren die Tage "zwischen den Jahren" herrlich entspannt. Das habe ich genossen und gebraucht. Wahrscheinlich war mir der Kontrast dann zu stark, als es wieder "los ging."
Beim Aufräumen fand ich ein Blatt, auf dem ich vor Monaten nur ein Wort geschrieben hatte: Umsteigezeit. Das Wort uns dein lyrisches Potential wollte ich damals festhalten. Jetzt war es der Anfang für die Idee zum heutigen Gedicht.
Oft lösen sich die Fragen beim Schreiben selbst. Denn die Notbremse, die muss ich selber ziehen. Bei Bedarf täglich. Jemand anderes tut es nicht für mich.
So begrüße ich euch alle wieder hier. Schön, dass ihr da seid.
Eure Lucia
P.S. Das Bild hat nicht viel mit dem Gedicht zu tun. Oder vielleicht doch. Es zeigt eine Art, die Notbremse zu ziehen. Soll ich demnächst mehr davon berichten?
Bin ich down und ohne Kraft,
dann geht meine Welt unter.
Bin ich oben auf,
dann halte ich mich für unbesiegbar.
Das eine wie das Andere,
Hoch und Tief, kommt und geht.
Das hätte ich mir ausrechnen können:
Das Leben ist eine Sinuskurve.
Gelassen werde ich diese Kurven nun nehmen.
Auf und ab, Auf und ab, das Leben!
Das kommt dabei heraus, wenn ich mein neues Dasein als Mathelehrerin und die Poesie in einen Topf werfe.
Meine Schüler schreiben am Montag eine Klassenarbeit zu den Sinusfunktionen. Und ich werde mich um mehr Gelassenheit bemühen.
Ich brauche frischen Wind
um meine Krone
denn meine Krone sieht man
heute leider nicht
Das Alltagsgrau
verdeckt meine Talente
Ich geh ans Freie und hol
sie zurück ans Licht
Geh durch den Wald
und finde mich dort wieder
wo Baum und Vogel
gut und weise zu mir spricht
Ich brauche frischen Wind
um meine Krone
Was in mir wohne fließt
in mein Gedicht
Dieses Gedicht schrieb ich beim letzten Treff unserer kreativen Schreibgruppe. Wir hatten uns in der Woche zuvor ein Theaterstück über Hildegard Knef angesehen und uns darüber geschrieben. Auch ein Liedtext von ihr (Ich brauch Tapetenwechsel) war Schreibanregung und Startpunkt für dieses Gedicht.
Das Lied summte noch tagelang in mir... schließlich entstand in meinem Skizzenbuch das Bild.
Nach langer Pause bin ich zurück auf dem Blog, es gibt wieder ein Freitagsgedicht. Jetzt klopfe ich mir selbst auf die Schulter und freue mich, dass ihr da seid. Ohne Leser ist Schreiben nur halb so schön.
Regen
in Zeiten
der Dürre
wenn
der Himmel
vor
Erleichterung
weint
Diese Collage von Marga mit den wunderbaren Schirmen... wer denkt da nicht an den Regen, den wir ersehnen?
Wenn tatsächlich ein paar Tropfen fallen, dann stehen mir Tränen in den Augen. Endlich! So, damit habt ihr die Entstehungsgeschichte für dieses Gedicht.
Diese dritte Collage stammt aus der Reihe Traumreise der Sommerpost 2018.
Lebenskunst:
die Augenblicke
aneinander reihen
zu einer langen
Kette
die mein Leben
schmückt mit Glück
Sommerpost zum Thema Traumreisen: diese zweite Collage kommt von Claudia. Dankeschön!
Ich habe mir vorgenommen, zu allen Collagen ein Gedicht zu schreiben. Diesmal war das schwer, da mich der Text auf der Collage selbst in seinen Bann gezogen hat. Die genähte Form der Gestaltung und das Wort Augenblick waren letztendlich die Auslöser...
Die dritte Collage ist gestern angekommen, das passende Gedicht entsteht hoffentlich im Laufe der kommenden Woche. Ich brauche immer Zeit, um mit einem Thema in aller Freiheit umzugehen. Meist erscheinen die Worte dann von ganz alleine auf dem Papier.
Auch meine eigenen Collagen sind schon fast fertig, obwohl ich erst Ende August dran bin.
Aber ich habe die letzten freien Tage genutzt, bevor ich wieder in die Schule gehe ;))))
wir brauchen
beides,
die weite des
meeres
und den
rettungsring.
Collagen werden verschickt. Postkunstwerke zur Sommerzeit. Ich habe mir vorgenommen, zu jeder Collage ein Gedicht zu schreiben. Die wöchentlichen Collagen passen so schön zu meinem wöchentlichen Freitagsgedicht.
Heute zeige ich die erste Collage von Evelyn - Schere Stift Papier
Ich wollte dir schreiben vom Höhenglück,
mit Weitblick, Ausblick und Gipfelkick.
Doch gleich am Anfang bin ich umgeknickt.
Jetzt ist mein rechter Fuß ganz dick.
Und ich muss auf dem Boden bleiben
und geerdete Sachen schreiben.
Auch das hat seinen Reiz.
Viele Grüße aus der Sächsischen Schweiz.
So erging es mir letzte Woche im Urlaub. Ich befinde mich im Einklang mit Mano.
Inzwischen hat der Alltag mich wieder, das Fernstudium hält mich in Atem und der Fuß ist fast wieder gut.
Ziel:
ein reifer Mensch
zu werden in einer
rauen Welt;
ein Mensch,
der trotz allem
die Hoffnung behält.
Dieses Freitagsgedicht entstand auf den Impuls von Sophie Paulchen hin, die gerade eine Lyrikwoche veranstaltet. Der Impuls für diesen 5. Tag lautet: Raureif.
Hier sind alle Gedichte zum Raureif nachzulesen.
Am Morgen
Am Morgen springen und singen
die Glückskinder des Lebens.
Meine Freude aber
schläft noch.
Du hälst mir den Wecker vor die Nase
und rufst "Guten Morgen!"
Ich ziehe vors Gesicht meine Hände,
bin noch nicht bereit fürs Tageslicht.
Noch tragen meine Träume mich sanft
über die Bettlaken.
zwei stimmen in mir
die eine, die jammert und klagt
altbekannt doch nicht mehr
mit alter kraft
die andere, die neue stimme
die zaghaft aber unbeirrt
von fröhlichem vertrauen spricht
sie macht mich staunen
Ich bin der Frühling
Ich komme im März
das ist kein Scherz
Ich bleibe im April
und mache was ich will
Dann im Mai
nach mancher Liebelei
ist es mit mir vorbei
Ich gebe meinen Staffelstab
an den heißen Juni ab
Der singt dann fröhlich
Sommerlieder
der Herbst stimmt ein
und der Winter kommt wieder
Doch keine Bange
das dauert nicht lange
im nächsten März um vier
steh ich vor eurer Tür
Das Schweigen auf dem Blog - als hätte es mir die Sprache verschlagen. Was nicht ganz stimmt, denn sonst wäre obiges Gedicht nicht entstanden.
Und doch, der März hat mich gebeutelt. Aber jetzt ist April. Und ich verordne mir Zuversicht.
Kurz gesagt: ich bin wieder hier.
Kein Kompass
Das hygge Bild des Nordens
Das einseitige Bild des Ostens
Das sonnige Bild des Südens
Das goldene Bild des Westens
Die Wirklichkeit.
Zeitungsüberschriften sind genau richtig fürs kreative Schreiben. Hier habe ich den Text um eine Überschrift herum geschrieben.
Das macht Spaß und bringt neue Ideen auf den Schreibtisch.
pendeln zwischen
alltäglichkeit
und chaos
(bekloppt,
bescheuert,
befreit)
es wäre ja auch sehr fade
ginge alles gerade
aus
Gerade ist mein Kopf überlastet. Ich arbeite intensiv auf einen Abgabetermin nächsten Montag hin. Gleichzeitig ist eine große Familienfeier vorzubereiten, die morgen über die Bühne gehen wird.
So anstrengend das auch ist, ich genieße es!
Und freue mich trotzdem auf ruhigere Zeiten...
Kennt ihr das auch?
Im Baumhaus
Es ist die Baumkrone,
in der ich jetzt wohne.
Mein Baumhaus hier oben,
der Erde enthoben.
An meiner Seite:
nur Luft und Weite.
Mein Wurzelhalt:
ein ganzer Wald.
Es ist die Krone,
wie ich jetzt wohne.
Dieses Gedicht entstand in Rahmen der lyrischen Heimatwoche bei Sophie Paulchen. Mir wurde erst beim Schreiben klar, dass Baumhäuser in meinem kreativen Schaffen immer wieder auftauchen. Ich denke, der Traum vom Baumhaus wird genährt von dem Wunsch, in der Natur zu Hause zu sein.
Die Illustration stammt aus meinem Buch, dort spielt ein Baumhaus eine wichtige Rolle.
Fremdheimat
Wann wurde mir Heimat zur Fremde und Qual?
Das kann ich dir ganz genau sagen.
Ist noch gar nicht lang her, es war nach der Wahl,
an diesen beschissnen Septembertagen.
Mehr als vierzig Prozent wählten hier Aaeffdeh.
Seitdem tut die Heimat mir weh.
Zur Zeit läuft bei Frau Paulchen die Lyrikwoche zum Thema Heimat. In meinem Fall ist das leider kein kuscheliges Thema.
Die Straße entlang,
den Berg hinauf.
Dichter wird der Nebel,
je höher ich komme.
Auf dem Gipfel ist er so dicht,
ich könnte mir Stufen
in den Nebel kneten.
Ich würde auf ihnen
hoch steigen,
oben angekommen
das Nebelfenster
wie eine Luke öffnen
und in den blauen blauen
Himmel blicken.
Vorbei an den Drei Gleichen
Dem Habichtfang ausweichen
Den Rodablick ertragen
Am Steinberg nicht verzagen
Um Ohorn schnell sich drücken
Das Löbauer Wasser überbrücken
Am Wacheberg verschnaufen
An der Neiße über die Brücke laufen
Drüben nicht versinken
In Polen auf Deutschland trinken
Ein Gedicht aus der Sparte: Schreiben macht Spaß.
Dieses Gedicht verdankt sich dem Impuls von Sophie Paulchen: Dichten mit den Namen von Autobahnparkplätzen!
In einem Satz
Solange dein Vorsatz
nur ein Satz von Ideen ist,
den du so nebenbei
mit ins neue Jahr
genommen hast,
passiert gar nichts.
Nimm deinen Vorsatz.
Spring mit einem Satz
mitten hinein
in deine Träume.
Dann kannst du was
erleben.
80 Seiten
Mein neues Notizbuch
hat 80 weiße Seiten,
die gefüllt werden wollen,
mit Bildern und
mit Worten.
Mein neues Notizbuch
hat ein Linienblatt
mit Zeilen und mit Kästchen
fürs Kleinkarierte.
Ich brauche keine
Vorschriften!
Das Linienblatt
landet im Papierkorb.
Mein neues Notizbuch
schenkt mir Freiheit.
Mein Vorrat
Ich pflücke die lichten Momente,
lagere sie kühl und trocken,
auf dass sie frisch bleiben,
mir Nahrung sind
in dunklen Zeiten.
Ich pflücke die lichten Momente.
Du kannst alles erreichen
Der Erfolg ist in dir
Befreie deine innere Kraft
Denke nach und werde reich
Das Universum
kennt die Lösung
deiner Probleme
Atme dich schlank
und werde reich
Du kannst alles erreichen
Dieses Gedicht besteht ausschließlich aus Titeln von Selbsthilfebüchern. Mir bereitet diese speziellen Literatur Unbehagen. Sie verkündet das Credo unserer Zeit: Du kannst alles erreichen. Ein Machbarkeitswahn, der mit schönen Versprechen lockt. (Deshalb verkaufen sich diese Bücher gut.) Wenn es nicht klappt, dann bin ich selber schuld. Dann habe ich meine innere Kraft noch nicht ausreichend befreit.
Dazu kommt in diesen Büchern der Apell, sich selbst zu optimieren. So, wie du bist, bist du nicht gut genug.
Was haltet ihr von Büchern, die schnellen Erfolg und großen Reichtum versprechen?
Erfurt
Er wird auch heute spielen,
der Pianist auf dem Fischmarkt,
Menschen bleiben stehen und lauschen. Die Stadt ist ihm mehr als nur Kulisse.
Er verzaubert den Ort mit seiner Musik.
Ich bin nicht mehr da,
nicht mehr beschwingt durch sein Spiel.
Niemand vermisst mich dort.
Mir aber fehlt diese Stadt.
Es ist nicht ins Wasser gefallen. Unser Erfurter Wochenende. Auch wenn das Wetter ein spannender Faktor blieb. Birgitt und ich haben uns dort getroffen. Erfurt liegt etwa in der Mitte zwischen unseren Wohnorten. Es war eine besondere Zeit. Birgitt hat hier schon mit vielen Bildern davon berichtet.
Mich hat seitdem der Arbeitswirbel des Fernstudiums erfasst. Das Schreiben, Dichten und das Bloggen rückt in die hintere Reihe. Doch zwischendurch denke ich an unsere Zeit in dieser Stadt zurück.
Die Seligkeiten
vergang'ner Zeiten
sind alle gut verpackt
in meinem Koffer drin.
Die Schwierigkeiten
vergang'ner Zeiten
begleiten mich, ganz
egal wo ich auch bin.
Auf diese Weise
lohnt sich die Reise,
weil ich in Schmerz und Freude
voller Leben bin.
Dieses Gedicht ist meine Adaption des Liedes "Ich hab noch einen Koffer in Berlin"
Hintergründe zu diesem Lied und die Originalversion gibt es hier.
Dieses Gedicht ist eine Variation auf die Erkenntnis, dass man sich selbst immer mitnimmt, egal wohin die Reise geht.
Dieses Gedicht ist ein Freitagsgedicht, obwohl ich es schon am Donnerstag veröffentliche.
Denn dieses Gedicht ist meiner Fahrt am morgigen Freitag gewidmet. Ich habe noch einen Koffer - diesmal nicht in Berlin, sondern Anderswo. Ich werde berichten.
Dem Namen nach
Mit einem Namen gesegnet
der seltsam war. Lucia!
Italien lag hinter dem Eisernen Vorhang,
ein unerreichbares Märchenland.
Heute breche ich auf,
ich folge meinem Namen
auf dem Weg nach Süden.
Die Städte haben ihre
Märchenfarben behalten:
Verona, Florenz, Rom, Neapel.
Staunend ziehe ich durchs Land,
fahre bis nach Syrakus!
Der Heimat von Santa Lucia.
Dort wo mein Name zu Hause ist.
mit Dir
Der poetische
Überschuss
des Tages
ergießt sich
aufs Papier,
um Dir zu sagen:
reich bin ich
mit Dir,
mit Dir
an meiner Seite.
Die Heimat
liebe heimlich nur,
Weltbürgertum ist
angesagt.
Global sollst
du denken!
Doch wer kann
unbehaust leben?
Wer kann Mensch sein
ohne Heimat?
Diese Sauerei
Der schenkt mir
immer solche
Blumenpötte.
Du wirst sehen,
in ein paar Tagen
fallen die Blüten ab.
Dann liegt die
Sauerei
auf dem Boden.
Anstatt das er
eine schöne
Grünpflanze mitbringt.
Nein, es muss
was Blühendes
sein.
Erlauscht in der Sitzecke beim Bäcker. Zwei Frauen, die sich über ihren Kuchen her machen und sich gegenseitig ihr Leid klagen.
Alltagspoesie - sie versteckt sich überall. Es ist eine Lust, sie aufzuspüren.
Wie schnell war es vorbei
mit unsrer Liebelei.
Es gab zu viele Sprüche
aus der Dorfgerüchteküche.
Drum sag ich dir Good bye!
Eines der besten Dinge in meinem Leben ist der Schreibkurs, den ich seit fast einem Jahr leiten darf. Lange versuchten wir es über die Volkshochschule und scheiterten immer wieder an der zu geringen Teilnehmerzahl. Jetzt organisieren wir uns privat. Aller zwei Wochen treffen wir uns für einen Abend und experimentieren schreibend miteinander. Zum Beispiel mit Limericks, wie das Exemplar hier oben. Nach einem solchen Abend komme ich immer beschwingt und fröhlich nach Hause.
In diesem Sinne: habt ein fröhlich beschwingtes Wochenende!
P.S. Die Illustrationen entstanden aus den Resten dieser Collage. Wer genau hinsieht, erkennt mindestens eine Teekanne. Manchmal sind die Reste das Beste.
Sei dein eigener Schlüssel.
Du hast gesucht,
hast fremde Schlüssel probiert,
nichts hat sich dir eröffnet.
Alles war zu.
Du selbst bist dein
Schlüssel,
wirst es immer sein.
Bist du aufgeschlossen,
dann öffnen sich dir
die Türen.
wechselhaft
Gestern war ich
professionelle Schwarzseherin.
Heute bin ich
voll fröhlicher Zuversicht.
Was werde ich
morgen sein?
Immer anders,
immer ich.
Vorbei
Wie lange bin ich schon wieder
zu Hause?
Trete die Tretmühle?
Bewege das Hamsterrad?
Was stimmt nicht mit mir,
dass Urlaubsgefühle
so schnell verpuffen?
Was mache ich falsch?
Ich trete die Tretmühle
und dreh mich im Hamsterrad.
Dieses Gedicht ist der Abschluss einer kleinen Serie:
Gedicht 1 Tapetenwechsel
Gedicht 2 Die Leichtigkeit
Schreiben hat oft etwas Therapeutisches. Dieses Gedicht war ein Augenöffner für mich. Allerdings noch nicht beim Schreiben, als ich den Frust raus gelassen habe. Der Start nach dem Urlaub war nicht leicht, ein Problem nach dem anderen stürmte auf mich zu. Nach einigen Tagen, beim Lesen dessen, was ich da geschrieben hatte, kam die Erkenntnis.
Was stimmt nicht mit mir? Das ist eine Frage, die in die falsche Richtung zielt. Was stimmt nicht mit meinem Leben und wo kann ich etwas ändern? Das sind die Fragen, die ich mir stellen muss.
Die Leichtigkeit
In der zweiten Urlaubswoche
ist sie da.
Ich spüre es.
Mich nervt nichts mehr.
Ich genieße es,
die nackten Füße in die
Sandalen zu schieben.
Alles ist schön.
Alles ist gut.
Das Urlaubsende ist noch fern.
Dies ist das zweite Gedicht zum Thema Urlaub. Vielen Dank für Eure Kommentare zum Freitagsgedicht der letzten Woche.
Tapetenwechsel
Nicht nur die vier Wände,
auch die 33 Probleme
und die zwei nervenden Nachbarn,
die fünf ungeputzten Fenster
und die 13 unerledigten To Dos
hinter mir lassen.
Um leichter zu leben,
um die Welt anders zu sehen
und mich zu fragen,
wer ich bin,
ohne meine vier Wände
und dem Leben wie es ist.
Das ist das erste Gedicht aus einem kleinen Zyklus, der sich um die Zeit vor dem Urlaub, das Befinden mitten im Urlaub und den Gefühlen nach dem Urlaub dreht.
Geschrieben in diesem Sommer.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine gutes Wochenende.
Vielleicht mit einem schönen Fehler?
umschreiben
wovon ich nicht reden kann,
davon muss ich schreiben.
ich schreibe es auf,
ich schreibe darüber,
ich schreibe es um.
immer noch steht
nichts von dem da,
was ich sagen wollte.
ich schreibe weiter,
bis das blatt sich
wendet.
Flaschenpost
Schick mir eine Flaschenpost.
Gib mir ein Rauchzeichen.
Lass die Brieftauben fliegen.
Sag mir, dass du kommst.
Hörst du meinen Herzschlag?
Spürst du meine Sehnsucht?
Schick mir eine Flaschenpost.
Sag mir, dass du kommst.
diese
Leuchte in der Dunkelheit
schenkt Hoffnung
und
Worte
finden
sich jetzt
ein
Gestern wollte ich eine kreative Schreibwerkstatt anleiten. Logistische Probleme ließen uns an einem ganz anderen Schreibort landen, als wir es geplant hatten. Man hätte sich sehr darüber ärgern können. Aber wir genossen die Situation: Nun waren wir dort, wo die Küche und Gaststätte schon geschlossen hatten. Aber es war dort trotzdem noch ein Paar Wiener Würstchen aufzutreiben, für jeden, der das wollte. Nun saßen wir draußen und das ging, denn es war der erste warme Abend seit langem.
Wir saßen dort, wo zwei Wanderer vorbeikamen und nach einem Nachtquartier fragten. Wir konnten mit patriotischer Sachkenntnis der örtlichen Gegebenheiten weiter helfen.
Wir bekamen dort auch die Suche einer älteren Dame nach der vergessenen Handtasche im Gastraum mit, die an diesem Abend nicht mehr erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Hoffentlich hat sie ihre Tasche inzwischen wieder.
Zwischendurch schrieben wir. (Siehe das Fragment oben) Tauschten uns aus und machten das Beste aus allem.
Diese Haltung, fällt mir auf, taugt nicht nur für Ausnahmesituationen wie gestern Abend.
Deine Mitte
Deine Mitte ist nichts,
was du festnageln könntest.
Sie wandelt und dreht sich
auf der Suche nach Dir:
auf dass auch du dich
beweglich zeigst.
In der Muse der Ostertage habe ich mir ein kleines Buch gemacht. Beim Verschneiden von Bauplänen bleiben manchmal schöne feste Papierstreifen übrig. Oft nehme ich mir die mit nach Hause. Diesmal bemalte ich die rechte Seite der Streifen, heftete alles zusammen und schrieb Texte zu den Bildern.
Diese Arbeitsweise - erst Malen, dann dazu schreiben - ist für mich genau richtig.
Das Buch ist eine Landvermessung meiner Wege und Gedanken und mir sehr wertvoll geworden.
vorher:
sich selbst verbiegen,
um reinzupassen.
alles geben,
um zu glänzen.
sich verausgaben,
weil nein sagen zu schwer ist.
nachher:
am boden liegen
und sich fragen,
wo die eigene größe
geblieben ist.
Ich liebe den Winter
mit Frost und mit Schnee
und träume doch heimlich
vom Sommer im See.
I love the winter
with frost and with snow
and dream only inwardly
of the summer by the sea.
Katrins Drawing Challenge:
Dereinst
Dereinst
im Weltgetümmel
hatte ich alles und
suchte nie lange.
Jetzt bin ich bange,
dass ich
in die Irre gehe,
die Verheißung
nicht mehr sehe
am zugesperrten
Himmel.
Im Rahmen von Sophie Paulchens frapalymo-Projekt entstand dieses Gedicht. Der Impuls hieß: vergessene Worte.
Heute
Heute sieht die Welt
anders aus.
Da tanzen die Bäume
und winken die Berge.
Mein Herz
wirbelt mit.
Dieses Gedicht ist im Rahmen von Sophie Paulchens Lyrikmonat
entstanden. Der Impuls hieß leise Dunkelheit.
Diese ungewöhnliche Wort-Kombination gefiel mir. So begann ich, nach Ähnlichem zu suchen: lautes Licht, flüsternde Dämmerung, singender Sonnenaufgang, tanzender Baum, winkende Berge. Und
schwupps, aus den letzten beiden Paaren entstand etwas.
Die Sammlung der Gedichte zu diesem Impuls gibt es hier bei Sophie: Klick.
Mit winkenden, wirbelnden Grüßen verabschiede ich mich. Habt ein gutes Wochenende.
Anzug
Ihr wisst,
goldne Flügelchen
habe ich kaum.
Aber wie bald
hasche ich
hin und her,
geschickt genug
mich anzuziehen.
Im November wird bei Sophie Paulchen wieder täglich gedichtet. (Ich schrieb hier schon kurz darüber) Die Impulse sind gut und herausfordernd. Ich habe mich entschieden, jeden Tag den Impuls auf ein weißes Blatt zu schreiben und im Laufe des Tages immer wieder darauf zu notieren, was mir dazu einfällt. Das muss kein Gedicht werden. Druck möchte ich mir nicht machen, den habe ich in meinen anderen Welten schon genug. Dieses Schreiben ist nur zum Spaß und nur für mich. Es ist jetzt schon eine witzige Sammlung tiefer und banaler Gedanken und Ideen entstanden. Eine Vorratskammer für Zukünftiges.
Aber Freitags möchte ich doch immer etwas davon zeigen. Der Impuls zum 4.11. lautete, aus einem vorgegebenen Goethetext (ja, Goethe) Worte in der originalen Reihenfolge zu verwenden und ein
Gedicht daraus zu machen. Diese Art des "Schreibens" mag ich sehr, praktiziere sie manchmal und habe auch schon meine Kursteilnehmer damit beglückt. (Das Foto oben erklärt vielleicht besser,
wie es geht. Ein Klick macht es groß)
Was die anderen Gedichteschreiber aus dem alten Goethe heraus geholt haben, könnt ihr hier lesen.
Bevor der Tag
die Kreidekiste füllt,
sind die Taten
schon verzeichnet.
Die Lücken hingen
an der Wand.
Wer anhielt,
konnte sie
bewundern.
Passanten ergriffen
das Leben in Zahlen,
begriffen dabei aber
nichts.
In meinem Notizbuch fand ich einen Zettel mit diesen Zeilen. Irgendwann im letzten Sommer hatte ich sie geschrieben, auf irgendeine experimentelle Art und Weise, an die ich mich nicht mehr
erinnern kann.
Solche Fragmente sind ein lebendiges Beispiel, wie viel Freude man am Schreiben haben kann, es muss nicht sofort etwas druckreifes herauskommen. Das Tun an sich ist das Wichtigste, finde
ich.
Nun naht der November, der bei vielen ein traditioneller Schreibmonat ist. Richard Norden berichtet
darüber und zeigt Alternativen zum NaNoWriMo. Ich mag seine Idee, sich ein eigenes Schreibziel für den November zu setzen.
Der FraPaLyMo - Der Lyrikmonat von Sophie Paulchen ist eine lyrische Variante des Schreibmonats November. Ich war schon
ein paar Mal dabei - immer mit Gewinn. Ob ich mich diesmal wieder darauf einlasse? Jeden Tag ein Gedicht nach den Impulsen von Sophie?
Noch bin ich unschlüssig. Noch ist ja Zeit. Eines ist sicher, geschrieben wird sowieso!
Was schreibt ihr im November?
Dornröschenschlaf
Interpretieren wir
die blühenden Landschaften
hinter dem Bahnhof
doch als Dornenhecke.
Dann haben wir schon 25 Jahre
Dornröschenschlaf hinter uns.
Bald kommt der Prinz und
küsst uns wach.
Ganz bald.
Fast alles da
Den Kuchen holen wir beim
Schwertner-Bäcker.
Wein ist diese Woche beim Aldi
im Angebot.
Eine reichliche Auswahl an Großmüttern
liefert uns die Seniorenresidenz.
Und Wölfe sind bei uns
schon lange keine Seltenheit mehr.
Doch wo finden wir ein junges Ding?
Wo ist Rotkäppchen?
Die studiert jetzt im Westen.
Heimatland
Mag es weit weg sein
für die Entfernten
Hinter den sieben Bergen
Mag hier nicht los sein
für die Gelernten
bei den sieben Zwergen.
Ich mag es.
von ganzem Herzen
oft auch mit Schmerzen.
Nicht auszudenken, wer ich wäre
ohne dich und die sieben Berge,
meine Heimat, du bist die schönste
im Land.
Diese Gedichte habe ich für die Lesebühne in Kamenz, fürs Poetenbrettl geschrieben. Letzten Freitag las ich diese und weitere Texte aus meiner Werkstatt. Bei solchen Veranstaltungen kann es einem leicht passieren, dass
man den Mut zum eigenen Schreiben verliert. Die anderen Autoren sind so gut! Aber diesmal fuhr ich voller Ermutigung und sehr angeregt heim.
Meine Gedichte über die Oberlausitz sind zwar voller lokaler Anspielungen, aber ich denke, sie sind trotzdem allgemein verständlich. Ansonsten fragt mich!
Mano zeigt wunderbar passend gerade heute einige Bilder aus dieser
Märchenwelt - aus der Oberlausitz und aus Sachsen. Ihr Blick als Besucherin und meiner als Ureinwohnerin ergänzen sich gut.
Esel ich
Ich bin ein Esel,
renne der baumelnden Möhre nach.
Die Möhre. Die Möhre.
Ich renne und renne und
merke nicht,
was für ein Esel ich bin,
wo ich Möhren doch
gar nicht mag.
Wenn ich stehen bliebe
und mal nachdächte -
denke - denke -
was ich denn mag und
wofür es sich zu rennen lohnt,
dann wäre ich
nicht mehr so ein Esel.
Weil ich aber ein Esel bin,
renne ich weiter.
Und lerne die Möhren zu lieben.
Hiermit lasse ich meine gute alte Tradition des Freitaggedichtes wieder aufleben. Heute wurde ich inspiriert durch ein bildhaftes Blogstöckchen von Gitte.
Und - welcher Möhre rennt ihr hinterher? Liebt ihr sie?
Heute Abend lese ich in Kamenz beim Poetenbrettl. Auch Gedichte. Mit Lokalkoloriet und so.
In der Tasche
Den Schlüssel zu Omas Haus
hat sie immer in ihrer Tasche.
Die Oma ist tot,
das Haus steht nicht mehr.
Sie hat den Schlüssel
immer in ihrer Tasche.
Einmal wird sie eine Tür
finden, zu der dieser
Schlüssel passt.
Dann wird sie wieder
zu Hause sein.
In her pocket
The key to grandma's house
is always in her pocket.
Grandma is dead.
The house no longer stands.
She always has the key
in her pocket.
Once she will find a door.
The key fits this door.
Then she will be
at home again.
Heutzutage. Hierzulande.
Gedanken werden
zu Brandsätzen.
Abgründe reißen auf.
Welcher Satz kann
zum Einsatz kommen,
um Brücke zu bauen
über die Abgründe,
die aufgerissenen?
Welchen Satz
machen wir darüber?
wegwerfend
der schutt,
den die bauarbeiter
in den Container
gekloppt haben,
ist zur
tragschicht
geworden
die fetzen,
die die schneider
weggeschmissen haben,
sind zum
festkleid
geworden
der mensch,
den alle
abgeschrieben
haben,
ist
kostbar
Variation über Matthäus 21 / Psalm 118 Vers: 22
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.
In loser Folge werde ich bis Ostern weitere Texte veröffentlichen, die sich mit der Bibel beschäftigen.
Mehr Tiefgang gewünscht? Hier steht, warum Scherben manchmal tatsächlich Glück bringen können. Und hier finden sich Gedanken über unseren Umgang mit Sprache, die mich gerade sehr beschäftigen.
Todestag
Euch wunderts, das ich fröhlich bin?
Ich trage dich im Herzen drin,
das kann mir keiner nehmen.
Erstarrt war ich für lange Zeit.
Als Sinn und Hoffnung meilenweit
von mir entfernt gewesen.
Mein Reichtum wächst jetzt in mir drin.
Auch Tod und Abschied machen Sinn.
Der Schmerz erzählt vom Leben.
Euch wunderts, das ich fröhlich bin?
Ich hüte dich im Herzen drin.
So kann ich weiter leben.
Kürzlich habe ich das Gemälde "Zuhause" von Stefanie Seltner gekauft. Es bedeutet mir viel, hat mich zu obenstehendem Gedicht
inspiriert und steht jetzt auf meinem Arbeitsplatz. Post von Stefanie zu bekommen, das ist wie ein kleines Fest.
Schreiben und andere kreative Wege durch den Tag
Schreiben,
sich selbst verlieren,
auf kreativen Wegen
durchs Leben gehen,
Inspirationen sammeln,
sich wieder finden.