„Gegen meinen Fleiß verschwört sich diesen Sommer vieles. … . Aber vorwärts ging es doch bis jetzt immer, und nulla dies sine linea.“
So schreibt Schiller am 18.6.1799 an Goethe. nulla dies sine linea - keinen Tag möchte er leben, ohne wenigstens eine Zeile zu schreiben. Das hat mich beim ersten Lesen des Briefwechsels vor vielen Jahren beeindruckt. Geschrieben habe ich schon immer gern und hielt das auch für mich locker für machbar.
Allerdings praktiziere ich das tägliche Schreiben erst seit 2011 ernsthaft. nulla dies sine linea mag simpel klingen, aber einfach ist es erst, wenn es zu einer Gewohnheit geworden ist, über die man nicht mehr nachdenkt. Die man tut. Egal, was der Tag bereithält oder verwehrt. Seitdem ich täglich schreibe, habe ich das Gefühl: es geht voran, ich werde besser, ich finde meinen Weg.
Michaela sucht für den Mustermittwoch im Januar Linien- und Streifenmuster. Mich streifte da sofort der Gedanke an Schillers nulla dies sine linea. Der Gedanke ließ mich den ganzen Januar nicht los.
Darum beteilige ich mich – trotz der anderen Sichtweise auf Muster - hier.
Legendär ist der Ursprung von nulla dies sine linea in der Antike. Wirklich bezeugt ist dieser lateinische Satz seit der frühen Neuzeit. Die Übersetzungen variieren:
täglich muss gezeichnet werden,
kein Tag ohne Fortschritt,
kein Tag ohne Ziel-Linie
...
Mir gefällt, wie weit man die Linie um diesen Satz ziehen kann. Dieses tägliche Tun kann für jeden etwas anderes sein. Meine Früchte des täglichen Schreibens sind beispielsweise die Freitagsgedichte hier im Blog. Ein schönes tägliches Projekt sind die daily drawings von Stefanie. Oder die MorgenGedankenZeit und Malzeit bei Britta. Oder die tägliche Postkarte von Michaela…
Erstaunlich ist, wie sehr ein täglicher Streifen Kreativität den eigenen Horizont verschiebt, erhellt und erweitert.
nulla dies sine linea – wie übersetzt ihr diesen Satz für eure Tage? Welche kreative Gewohnheit könnte euer Lebensmuster bereichern?
Meine "Fachlektüre" momentan: dieses Kinderbuch zu Bildern von Paul Klee.
Darin blättere ich, träume, staune, seufze...
Es hilft beim Überleben im Alltag.
Wie schon im letzten Jahr werfe ich einen 12tel Blick in meine Welt. Monatlich fotografiere ich nach der Idee von Tabea Heinicker einen festen Ausblick.
Meine kleine Umfrage ergab, dass euch das Dorf- und Landleben am meisten interessiert. Bitte sehr.
Zu sehen ist ein Stück Strahwalde, ein Dorf in der Oberlausitz und mein Wohnort.
Das rote Gebäude ist das Volkshaus. Hier wird gefeiert, beraten, Tischtennis gespielt und so weiter. Davor steht ein Wagen des Bauhofes. (In passendem komplementären Farbton!!!)
Daneben ist das Gasthaus, der Grüne Baum. Nebenan wird die Kirche im Dorf gelassen. Wer genau hinschaut, entdeckt den Stern, der zum Fototermin noch am Turm hing. Drei Stunden später wurde er abgenommen.
Es ist auch eine Gelbe Tonne zu sehen, die Leerung war an diesem Tag dran. Was ist sonst noch los? Plakate zum Winterschlussverkauf. O.K. Und Menschen? Gibt es hier auch Menschen? Das werden die nächsten Monate zeigen. Die gesammelten Januarblicke findet ihr wie immer bei Tabea.
Letztes Jahr hatte ich einen zweiten Blickwinkel auf meine Inspirationswand geworfen. Diesmal sollte es mein Schreibtisch sein. Das wird er auch, aber nicht für den 12tel Blick. Dafür habe ich mir eine andere Aktion ausgedacht. Die zeige ich nächste Woche.
P.S. Die letzten Tage lag ich mit einer Erkältung darnieder. Nun blogge ich wieder - ich bin also vermutlich auf dem Weg der Besserung.
Blinde
Hoffnung
Ein Eckchen
Grün
ist uns
geblieben.
Solange du
darüber
sprichst,
kann ich
es
sehen.
Sprich
weiter.
Mein Leben im Bauingenieurbüro darf sich in diesem Blog so selten zeigen. Heute ändert sich das. Michaela sammelt hier Linien und Streifen - etwas anderes machen wir im Büro fast gar nicht: Linien zusammensetzen, erst auf dem Papier, dann in Real aus Beton, Stein, Holz oder Glas. Und fertig ist das Gebäude.
Ein Beispiel ist der Dachstuhl einer großen alten Scheune. Dieses Projekt haben meine Kollegen bearbeitet - ich erfreute mich unbeschwert von allen Detailfragen an der Schönheit der Holzbalken. Die Bilder sind vom November. Inzwischen ist das Dach gedeckt, dank dem nicht vorhandenen Winter.
Am besten gefällt mir die Dimension dieses Dachstuhls, die den Mensch ganz klein aussehen lässt. Finden wir uns zwischen all den Linien noch zurecht?
Alle Kinder schreiben. Zuerst die Überschrift von der Tafel: Ein guter Vorsatz. Dann sollen sie, wie es die Lehrerin gesagt hat, einen eigenen Vorsatz darunter schreiben: „Das ist etwas, was ihr euch für das Neue Jahr vornehmt.“
Paula ist schon fertig. Die Lehrerin staunt. Paula war noch nie die Erste. Sie guckt gern zum Fenster raus oder träumt. Schreiben ist für Paula nicht so wichtig.
„Komm doch mal zu mir nach vorn und zeige mir dein Heft. Was soll denn das? Du hast ja nur die Überschrift abgeschrieben und dann das Vor durchgestrichen.“
„Das ist doch mein Vorsatz: ein guter Satz.“
„Was soll das bedeuten?“
„Na, ich will jeden Tag einen guten Satz sagen.“
„Was ist denn das, ein guter Satz, Paula?“
„Ein Satz, der nicht meckert.“
Die anderen Kinder lachen, die Lehrerin nickt und meint, das wäre wirklich ein guter Vorsatz, den sie selbst gern befolgen möchte.
Paula hüpft zurück auf ihren Platz.
Brücke
Über diesen
Abgrund
muss ich
mir
selbst
die Brücke
sein.
Nach einer ungeplanten Blogpause melde ich mich zurück. Es bewegt mich viel. Nicht alles davon muss gleich im Blog landen. Aber dieses Gedicht dann doch.
Schreiben und andere kreative Wege durch den Tag
Schreiben,
sich selbst verlieren,
auf kreativen Wegen
durchs Leben gehen,
Inspirationen sammeln,
sich wieder finden.