Eine düstere Weltsicht, ein geradezu depressives Sinnlosigkeitsempfinden – damit habe ich oft zu kämpfen. Man redet es mir aus. Wozu alles schwarz sehen? Ist das Leben nicht schön? Nein, es ist nicht schön. Da wird eine Passagiermaschine abgeschossen. Gar nicht weit von dem Fleckchen Russland, das ich kennen lernen durfte. Die Bilder der Absturzstelle zeigen eine Landschaft, die mir vertraut vorkommt. Diese Katastrophe lässt mich nicht los, sie rückt mir sehr nahe. Ich kann sie nicht von mir schieben wie all die Kriege, die es sonst noch gibt auf der Welt. Alles wird gut? Nicht in dieser Welt.
Was bleibt mir von meiner Russlandreise am lebendigsten in Erinnerung? Nicht die grandiose Steppen-Landschaft. Oder die Sehenswürdigkeiten. Auch nicht das Asowsche Meer. All das war beeindruckend.
Was mir im Herzen bleiben wird, sind die Menschen, die wir trafen. Ihre Gesichter. Die Geschichten. Ihre Art zu leben, die uns vertraut war oder fremd.
Wie schön, dass ich sie treffen durfte.
Hiermit beende ich die Berichterstattung über diese Reise. Alle Artikel dazu sind hier nach zu lesen.
Ich hatte Bedenken, dass die Großartigkeit dieses Erlebnisses alle weiteren Möglichkeiten in den Schatten stellen wird. Was sollen mir die langweiligen Ziele hier vor Ort? Aber zum Glück ist das nicht so: ich konnte kürzlich meinen Ausflug ins nahe Zittauer Gebirge sehr genießen ;-)
Es war keine Dienstreise, es war auch kein Urlaub. Es glich vielmehr einer Pilgerreise. Meine Reise mit einigen Anderen nach Südrussland war zuallererst ein Besuch unserer katholischen Partnergemeinde. Deshalb will ich in diesem ersten Teil vom Glauben erzählen.
Man darf wieder glauben in Russland. Wir sahen viele orthodoxe Kirchen, im Bau oder renoviert. Andere Konfessionen haben nicht so viel Unterstützung, können aber auf mehr Freiheit bauen als in den Zeiten des Kommunismus. Wie stark damals die Verachtung alles Religiösen war, wurde uns in der großen Kathedrale in Nowotscherkassk bewusst. Bei unserem Besuch erfuhren wir, dass diese Kathedrale damals als Traktorenfabrik genutzt wurde.
Heute sind viele katholische Kirchen in umgebauten Wohnhäusern untergebracht. Die alten Kirchen werden nur teilweise und unter bürokratischen Kämpfen zurück gegeben. Die Gemeinden sind klein, aber sie wachsen und sind stolz auf alles, was sie erreicht haben. Wir erzählten natürlich auch von unserer Situation. Im Osten Deutschlands ist es ja so, dass über 80 Prozent der Menschen, die man fragt, ob sie christlich seien, antworten: "Nein, ich bin normal." Darüber mussten unsere Gastgeber lachen. Sie merkten, es ist in Deutschland auch nicht so einfach.
Wir waren dennoch beschämt. Unsere Probleme kamen uns klein vor. Und unsere Freiheit haben wir so selbstverständlich. Wie kostbar sie ist, das lernten wir in Russland.
aufschub
ich packe
meinen
koffer noch
nicht ganz aus.
er steht
im zimmer.
ein ladekabel
und einige
taschentücher
sind drin.
solange er
hier steht,
ist die reise
noch nicht
vorbei.
ich packe
meinen
koffer
nicht
weg.
ohne worte
vor der stadt ein denkmal
ein panzerdenkmal vor der stadt
das brautpaar und die gäste
fahren vor die stadt
machen viele fotos
vom panzer mit dem brautpaar
dem denkmal vor der stadt
Wir bekamen schwarze Blätter und sollten mit weißer Farbe einen Kosmonauten malen. Das war in der ersten oder zweiten Klasse. Im Hintergrund musste eine Rakete sein, darauf schrieben wir mit roter Farbe CCCP: natürlich war es eine sowjetische Rakete.
Das Bild ist davon inspiriert. Es entstand im Januar, als ich gerade einen neuen Reisepass und ein Visum für Russland beantragt hatte.
Inzwischen steht die Reise unmittelbar bevor. Ein kleiner Schritt für die Menschheit - doch ein großer für mich. Sonst hebe ich mich nicht durch Weltenbummlerei hervor. Im Gepäck habe ich nicht nur ein dickes Notizbuch, sondern zwei. Damit es reicht, für die eine Woche!
Der Blog macht Pause. Habt eine gute Zeit. Bis bald.
Eure Lucia
Schreiben und andere kreative Wege durch den Tag
Schreiben,
sich selbst verlieren,
auf kreativen Wegen
durchs Leben gehen,
Inspirationen sammeln,
sich wieder finden.