Meine Blickwinkel im Juli:
Draußen macht sich schon eine leichte Herbstahnung breit.
Drinnen wurde die Inspirationswand umgestaltet. Mehr Struktur, ein Rahmen, das Mittelfeld weiterhin als Wechselausstellung...
Zum Vergleich findet ihr meine anderen Monatsblicke hier.
Noch viel mehr Blickwinkel sammelt Tabea.
Bonusmaterial (das habe ich von Tabea abgeguckt)
Ich selbst träumend vor meiner Inspirationswand sitzend. Im Juli ist ein Traum geplatzt - ich bin froh, dass ich noch genug andere Träume habe.
Ich führe meinen innneren Schriftsteller aus,
spendiere ihm teure Kaffeekreationen mit Milchschaum...
Ich kaufe ihm Zeitschriften, Stifte,
die wie von alleine schreiben.
Julia Cameron
Von der Kunst des Schreibens
Nichts einfacher als das: täglich etwas aufschreiben, das ist schon Tagebuch schreiben. Wenn es nur so einfach wäre. Viele Fragen stehen zwischen dem Tagebuch und mir. Wie schreibe ich? Was? Wann? Wohin?
Es gibt keine Regeln. Das können wir halten, wie wir wollen. Online oder auf Papier. Täglich oder gar nicht. (Es gibt keine Pflicht zum Tagebuch schreiben.) Ausufernde Texte oder knappe Zeilen? Wie wir wollen.
Soviel Freiheit kann verwirrend sein. Was will ich denn?
Folgende Fragen können dabei helfen:
Will ich etwas festhalten oder dokumentieren?
Bei Frau Brüllen gibt es den Tagebuchtag jeweils am 5. des Monats. Er steht unter dem Motto: was habe ich heute eigentlich gemacht. (hier der Link mit vielen Beispielen)
Das ist ein guter Einstieg ins Tagebuchschreiben. Denn dieser Zwang, ab jetzt immer (!) täglich (!!!) schreiben zu müssen, lässt die meisten gar nicht erst anfangen.
Begrenzte Zeiträume oder Themen eignen sind ideal, um zu testen, ob das was für mich ist: ein Reisetagebuch, ein Glückstagebuch; einen Tag in der Woche oder im Monat beschreiben.
Will ich mir über etwas klar werden, eine Entwicklung verfolgen?
In diesem Fall ist das Tagebuch ein Gegenüber, dem ich meine Gedanken und Gefühle ungefiltert übergeben kann. Das ist befreiend und hilft beim späteren Durchlesen, eine Entwicklung zu sehen, die im Mittendrinsein gar nicht so offensichtlich war.
Ein Arbeitstagebuch für ein Projekt ist ein Beispiel. Aufzeichnungen während turbulenter emotionaler Phasen sind der klassische Fall.
Will ich den Kopf frei bekommen?
Das Tagebuch kann ein guter Abladeplatz sein für all das, was wir so im Kopf mit uns rumschleppen. Warum es nicht einfach mal aufschreiben. Zum einen strukturiert sich manches schon durch bloßes Aufschreiben. Zum anderen ist es wunderbar zu wissen, es steht dort, ich muss jetzt nicht mehr darüber nachdenken.
Das Konzept der Morgenseiten bietet sich hier an. Oder am Abend, das ist eine klassische Zeit fürs Tagebuch. Der Tag kann damit abgeschlossen und weggepackt werden.
Will ich schreibend experimentieren und kreativ sein?
Das Tagebuch ist wunderbar geeignet, um kreatives Schreiben zu praktizieren und im Schreibfluss zu bleiben. Diesem Thema widme ich nächste Woche einen eigenen Artikel.
Wenn wir Tagebuch schreiben wollen, müssen wir unseren eigenen Weg finden. Das geht nur übers Ausprobieren. (Deshalb finden sich hier auch keine detaillierten Anweisungen.) Diese Entdeckungsreise in unser Leben und unsere Sichtweisen ist spannend.
Manche warnen vor der Ernüchterung. Wenn wir uns später durchlesen, wie belanglos die Tage sind, wie öde sich unsere Beschwerden über den Stress anhören…. Das ist nicht leicht zu ertragen. (Bin ich wirklich so?) An dieser Stelle wird gern aufgegeben. Aber gerade da liegt die Chance, genau an diesem Punkt können wir lernen:
Das Tagebuch kann unser persönliches Wachstum begleiten und gestalten. Es kann uns durch die Möglichkeit des Niederschreibens helfen und Zeiten festhalten, die uns wichtig sind. Wer gern schreibt, sollte das ausprobieren. Es lohnt sich.
Teil 2 Tagebuch für Schreiblustige
Teil 3 Mein Weg des Tagebuchschreibens
Binsenweisheit
... eine Binsenweisheit, ja. Aber ich lese lieber den 24. Schreibratgeber, anstatt einfach loszulegen. In mir drin sind viele Geschichten und Bilder. Traue ich mich, sie raus zu holen? Bin ich schon soweit???
Braucht es einen Raum zum Schreiben?
Jahrelang habe ich mich nach einem Arbeitszimmer gesehnt und hätte diese Frage sofort mit ja beantwortet. Nun, da ich ein solches Zimmer habe, schreibe ich selten dort. Mein Stift, mein Notizbuch, den Alpha Smart, das alles trage ich mit mir herum.
Das Arbeitszimmer ist hervorragend geeignet, um meinen Büchern und Inspirationen Platz zugeben. Das fehlte mir vor unserem Umzug, wo alles irgendwo in der Wohnung verteilt war. Jetzt ist es hübsch zusammen gefasst, im heiß ersehnten Arbeitszimmer. Doch in Schreibstimmung komme ich meist anderswo. Auf dem Sofa sitzend, am Küchentisch oder im Bett.
Auf dem Bild ist die Veranda unserer Ferienwohnung in Ahlbeck im letzten Jahr zu sehen. Dort schrieb es sich wie von selbst. Ein inspirierender Ort, an den ich gern zurück denke. Die Leichtigkeit dieser Veranda fehlt meinem Arbeitszimmer. Das ist kein Grund, das Dichten ganz zu lassen. Schreiben ist eine mobile Tätigkeit, zum Glück.
Braucht es einen Raum zum Schreiben? Ja, aber das muss kein eigenes Zimmer sein. Die Suche nach einem Platz zum Schreiben ist zwar wichtig. Sie kann aber schnell zur Ausrede werden: solange ich keinen eigenen Schreibtisch habe, fange ich nicht an.
Schreiben ist fast überall möglich. Es braucht keine ausgefeilte Ausstattung. Wirklich wichtig ist nur, dem Schreiben im eigenen Leben einen Platz zu geben.
Diesen Raum braucht das Schreiben immer.
auch interessant:
Schreiben ist kein Ponyhof.
Heute ist hier in Sachsen der letzte Schultag. Jetzt sind Ferien. Die Freitagsgedichte auf diesem Blog machen Sommerpause.
Dafür könnt ihr jetzt jeden Freitag ein Zitat übers Schreiben oder zur Kreativität lesen.
Schreiben ist kein Ponyhof ... Pegasus ist trotzdem ein Pferd.
Ein sommerliches und kreatives Wochenende wünscht Lucia.
P.S. Das Zitat stammt aus Waldscheidts empfehlenswertem Buch "Autors kleiner Helfer"
Stephan Waldscheidt
Zugegeben: oft bewundere ich andere, weil sie besser schreiben, malen, leben können. Da ist zum Beispiel die Künstlerin Marlis Blauth. Ihre Bilder liebe ich. Tja, und Gedichte schreiben so wie sie, das möchte ich gern können. Gerade hat sie einen Lyrikpreis gewonnen. Doch ich bin ja sooo schlecht, nichts gelingt mir...
Bevor diese Gedankenspirale mich vollends runterzieht, nehme ich mir die neueste Grafik von Schreibnudel Gitte Härter zur Hand:
Eine neue Gedankenspirale dreht sich in mir, diesmal aufwärts gerichtet. Ja, ich möchte besser werden. Ich bleibe dran.
Meine Erfahrung ist, dass ich Menschen wie Marlies Blauth als Inspiration sehen sollte. Bloßes Nachahmen ist blöd, ich bin Lucia Henke und muss meinen eigenen Weg finden. Das geht nur, wenn ich bei meinem Schreiben erst einmal bei mir bleibe und nicht darauf fixiert bin, was rechts und links geschrieben wird.
Das ist gar nicht so einfach. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gehört dazu. Und das Wissen: es ist den bewunderten Menschen auch nicht einfach so zugeflogen.
(Die alte Geschichte von Inspiration und Transpiration im Verhältnis 1 zu 99)
Bewundern und neidisch sein ist einfacher, als sich selbst an die Arbeit zu machen.
"Selbstmitleid führt zu nichts, arbeite." Das ist ein Zitat von Otto Niemeyer Holstein, der für mich auch eine große Inspirationsquelle ist.
Bist du jetzt fertig?
Ja, aber ich studiere immer noch.
Ein typischer Dialog in der letzten Zeit. Vor einem Jahr wurde ich gerade mit meiner Bachelorarbeit fertig. Im Herbst, nachdem das Ergebnis da war, habe ich mich fürs Masterstudium eingeschrieben. Das Studienmaterial kam an, aber meine Motivation war verreist. Nachdem ich seit 2005 an der FernUni in Hagen Kulturwissenschaften studiert hatte, mochte ich nicht nahtlos weiter machen.
Im Mai war ich zu einem Seminar in Mühlhausen. Dort habe ich meine Motivation wieder gefunden. Nun lese ich eifrig Studienbriefe – das sind die Materialien, die uns die Vorlesungen ersetzen. Mitten im Sommer ist das nicht so einfach. Sonne und Freiheit locken, wer braucht da die Entstehung der europäischen Moderne?
Ich merke, dass ich einen Rhythmus finden muss. Jeder Tag hat Freiräume. Es liegt an mir, diese zu nutzen. Ich bin kein Übermensch, der das Studium eben so mal wuppt. Es ist eher ein Arbeiten auf Lücke. Dabei hilft mir der Druck einer mündlichen Prüfung, die ich im Herbst ablegen werde, sehr :)
Das ganze macht mir jetzt wieder Spaß. Das ist meine Welt. Ich bin froh, dass ich mir die Pause gegönnt habe. Nun fühlt es sich richtig an.
Ja, ich studiere immer noch. Immer weiter.
Stillstand, rückwärts
Auf diese Straßenbahn
warte ich mein Leben lang.
Sie fährt seit neunzig
Jahren nicht mehr.
Ich weiß das,
ich schaue gern zurück.
Auf meine Straßenbahn
warte ich noch immer.
Ich weiß das,
ich schaue gern zurück.
Wie versprochen kommt heute die Auflösung von gestern.
(Nebenbei: wäre das nicht schön, wenn das immer so wäre? Heute die Auflösung der Rätsel des gestrigen Tages zu bekommen?)
Wer lange suppt, dar lange huppt.
Wer langsam isst, der lebt länger. (Übersetzung)
Wer lange an seiner Suppe isst, der hüpft auch lange durch die Gegend. (wörtlich)
Die gereimte mundartliche Version gefällt es mir besser. Was ja in Mundart häufig der Fall ist, dort reimen sich Worte, die es im Hochdeutschen gar nicht gibt :) Kürzer, knackiger und lebensnäher klingt es auch.
Vor ein paar Tagen entdeckte ich dieses witzige Video, ein heute Journal in Oberlausitzer Mundart. Für alle, die auch mal hören wollen, wie es hier klingt.
Eine weitere Neuentdeckung sind die Fotos von Dieter Weise. Schaut euch das an, so schön geht hier die Sonne auf. (Ich betone das so sehr, weil mein Urlaub noch 6 Wochen entfernt ist und ich mich damit tröste, dass ich in einer Gegend arbeite, wo andere Urlaub machen.)
Wer lange suppt, dar lange huppt.
Das steht auf dem Kalenderblatt für Juli.
(Gaaanz aktuell also.)
Das ist Oberlausitzer Mundart.
Ich finde diese Version köstlich.
Das Sprichwort gibt es auch in Hochdeutsch.
Wer hat eine Übersetzung anzubieten?
(Die Auflösung gibt es morgen.)
Schreiben und andere kreative Wege durch den Tag
Schreiben,
sich selbst verlieren,
auf kreativen Wegen
durchs Leben gehen,
Inspirationen sammeln,
sich wieder finden.