Wovon wir leben

Gleich vorneweg: Vom Schreiben leben in finanzieller Hinsicht kann ich nicht. Aber vom Leben schreiben, das kann ich. 

 

Manchmal bewundere ich Autoren, die Wirklichkeiten in Buchstaben verpackt zeichnen können. Kann ich das auch? Mir kommen meine Produkte oft recht hölzern vor. Trotzdem halte ich, seit ich schreiben kann, meine Gedanken fest. Und meine Eindrücke. Was ich sehe und fühle. Also doch das Leben. 

 

Seltsam, dieser Drang, Dinge beschreiben zu müssen. Warum? Und wozu? Es gibt Momente, da ist in mir eine große Klarheit. Diese sagt mir, dass es müßig ist, danach zu fragen. Da weiß ich, dass dies meine Art des Lebens ist.

 

Manchmal vergesse ich es für einige Tage. Dann erfasst mich Unruhe und Unmut. Jedes Mal dauert es eine ganze Weile, bis ich begreife: ich habe zu wenig geschrieben. Dabei ist dies der Schlüssel, um die Unruhe und Unzufriedenheit aufzuschließen. Ich brauche es, mit dem Stift in der Hand nachdenken zu können. Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich gelesen habe was ich schrieb? Sándor Márai hat dies sinngemäß so gesagt.

 

Es ist aber nicht der Erkenntnisgewinn allein, den ich aus dem Schreiben ziehen kann. Es ist wie ein tiefes Lebensbedürfnis, wie Atmen. Mich hält Schreiben am Leben. Ohne ein paar Zeilen geht es nicht. Schreibend bin ich ganz und vollständig ich selbst. So gesehen kann ich doch vom Schreiben leben. Ich muss es sogar.

 

Was für mich das Schreiben ist, das wird bei Ihnen etwas anderes sein. Ich glaube, dass es eine solche Tätigkeit für jeden gibt. Manchen sieht man es an, wenn sie diese Sache gefunden haben, wo sie ganz sie selbst sein können. Was meinen Sie? Woran würden Sie es erkennen? Und wie ist es mit Ihnen selbst?

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Kommentare: 4
  • #1

    Waelti (Donnerstag, 08 Dezember 2011 16:28)

    Hm, die Antwort auf den ersten Satz steht im ersten Satz ;)

    Das mit der Unruhe, das seltsame Gefühl wenn ich nix geschrieben habe, das kenne ich auch. Die Unruhe kommt allerdings auch wenn ich schreibe damit etwas geschrieben ist. Das bin dann nicht ich, das sind nicht meine Gedanken.

    Nu, Frauen denken ja auch 'durch' das Sprechen, warum sollte es sich beim Schreiben komplett anders verhalten? :D

    Nicht bös' gemeint, ich denke teilweise auch durch das Schreiben. Das interessanteste ist in den letzten 14 Tagen die 'Nachrichtendiät', weißt Du ja. Je weniger ich im Internet lese, meinetwegen scanne, desto leichter fallen mir eigene Texte. Die Ideen werden mehr, nicht weniger. Das hat mich sehr überrascht.

    Mit dem Teil "diese Sache gefunden" habe ich Probleme. Das Suchen habe ich mir abgewöhnt und - siehe da, manches ist ganz einfach da. Nur eben nicht gefunden, geht ja auch nicht. Ohne Suchen.

    Liebe Grüße

  • #2

    luciahenke (Freitag, 09 Dezember 2011 10:42)

    Hallo,

    Deine Resultate der Nachrichtendiät überraschen mich auch...
    Aber hast Du mit diesem Experiment nicht auch was versucht / gesucht?
    Ist Suchen also doch dabei, wenn man Dinge entdeckt, "die ganz einfach da sind"? Was lenkt unseren Blick?

    Liebe Grüße zurück!

  • #3

    Waelti (Sonntag, 11 Dezember 2011 20:51)

    Lucia, schönen Sonntag ;)

    und sorry, hat ein bisschen gedauert. Ich surfe die Blogs wo ich kommentiere nicht täglich an.

    Hm, die überraschenden Ergebnisse der Nachrichtendiät. Etwas gesucht, vielleicht schon. Ein bisschen vom 'Selbst'. Sein, nicht haben oder konsumieren. Die Sache ist recht kompliziert, meine Gedanken da in Worte fassen ist nicht leicht. Ich denke ich bin sehr rational. Vieeeel rationaler als die meisten anderen Menschen. Mindestens 50% rationaler. Mindestens ;)

    Verhältnis von Unbewußt/Ratio ist dann:
    97/3. Statt 98/2. Da relativiert sich die Vernunft schnell?

    Mich faszinieren Kinder, Tiere, Menschen mit 'einfachen' Tätigkeiten. Wie die Natur es mit unserem bisschen Gehirn ermöglicht, mit unvollständigen Informationen durchs Leben zu gehen. Und immer wieder neu zu entscheiden. Kreativ und ideenreich.

    Der Jäger und Sammler hat sich zum 'Jäger und Sammler von Informationen' gewandelt. Information und Wissen ist allerdings nicht das Selbe. Wir nehmen sehr viel auf, das, bei Bedarf, genutzt werden kann. Besser - das bei Bedarf genutzt werden könnte. Vor lauter Sammeln kommt es zum (be)nutzen recht selten. Die jetztige Gesellschaft suggeriert uns, dass die Aufnahme von Informationen sehr wichtig ist. Damit man 'bei Bedarf' die Information dann nutzen kann.

    Das Verhältnis stimmt nicht, da läuft etwas schief.

    Ich weiß den Zeitraum nicht mehr ganz exakt. Ob von 1999 bis 2003 oder 2001 bis 2005 kann ich nicht mehr sagen. Jedenfalls habe ich - fast exakt - 4 Jahre keine Tageszeitung gelesen. Kein Radio gehört. Und nicht in die Glotze geschaut.

    Ja, ich habe Bücher und Zeitschriften gelesen. Meistens Fachinformationen und ab und zu etwas leichtere Lektüre. Am Ende des 'Versuchs' habe ich das meinen Kollegen gesagt. Die waren völlig perplex weil: 'Man' muss sich doch informieren! Nur - 4 Jahre hat das keiner in der Umgebung gemerkt!

    Das macht doch etwas nachdenklich?

    Ich finde 'das Ding an sich', nenn es den Kern oder ähnlich, geht verloren. Der wichtigste Spruch in den letzen Jahren ist aus 'Das Schweigen der Lämmer' von Anthony Hopkins. Aka Hannibal Lecter. Der Spruch war, ganz kurz, Überschrift in meinem Blog. Bis letzte Nacht 02:49.

    "Bei jedem einzelnen Ding die Frage, was ist es in sich selbst? Was ist seine Natur?"

    Das fasziniert mich. Was ist der Kern? Wie kann ich reduzieren, Komplexität vermeiden. Nicht - immer noch mehr dazupacken.

    Das Lied: http://www.youtube.com/watch?v=ymdssZOAx3Q habe ich mir, ähem, mitgeschnitten. Läuft beinahe täglich.

    "Bakerman is baking Bread / Der Bäcker backt Brot"

    Ja. Und wir werden geboren, gehen ein paar Schritte und dann sind wir etwas länger tot.

    Ich leben den "Minimalisten" wirklich. Die Kategorie im Blog ist ein Teil von mir. Keine Ahnung wie das genau gekommen ist, das hat sich über 10 oder 15 Jahre 'einfach so' entwickelt. Gleichzeitig habe ich das Gefühl dass mein Leben reicher geworden ist. Viele Empfindungen sind sehr viel stärker geworden, ganz besonders beim Hören, auditiv. Musik, Gespräche, Geräusche.

    Das ist ein kleiner Teil der Antwort zur "Nachrichtendiät". Ein sehr kleiner Teil.

    Vermutlich ist es nicht vermittelbar, ich habe es nur versucht :)


    Dir einen schönen (kurzen Rest vom) Sonntag!

  • #4

    Waelti (Sonntag, 11 Dezember 2011 21:04)

    ... da fehlt noch was.
    4 Jahre kein Internet. Außer im Betrieb. Das was nötig für die Arbeit war.