Als die Engel streiken wollten - eine Weihnachtsgeschichte

Flirrende Weihnachtslichter

 

Genervt gingen die Engel zu Petrus: „Wir machen da nicht mehr mit. Das ist nicht auszuhalten. Wir wollen gerne die Menschen im Advent begleiten und ihnen dabei helfen, ein gutes Weihnachtsfest zu erleben. Aber das hier ist nicht mehr unsere Welt.“ Petrus fragte: „Was ist denn los?“

„Nun, die Menschen rennen und kaufen und arbeiten und haben Stress und jammern. Unsere Anwesenheit ist denen egal. Sie nehmen uns nicht mehr wahr. Früher war da eine Ahnung unter ihnen und eine Sehnsucht. Aber jetzt? Wir können machen, was wir wollen, bei dem heutigen Tempo haben wir keine Chance. Wir sind denen wahrscheinlich egal. Es ist sinnlos, was wir tun. Wir streiken.“ 

 

Petrus nickte. Er sah ja selbst vom Himmelstor, was auf Erden los war. Eine Lösung hatte aber auch er nicht. So ging er zum Himmelschef persönlich und berichtete von den Problemen der Engel. Gott sah, dass es nicht gut war und sprach: „Geht zu den Menschen und hört Ihnen zu.“

 

Wieder nickte Petrus, aber insgeheim seufzte er. Der Chef und seine Weisheiten, die er ins Allgemeinverständliche übersetzen musste. Den Engeln sagte er daher: „wir machen so etwas wie eine Umfrage. Wir müssen heraus finden, ob den Menschen noch etwas an Weihnachten liegt. Warum rennen sie durchs Leben? Warum ist das Kaufen so wichtig geworden. Erst wenn wir das wissen, können wir entscheiden, ob sie euch Engel und das Weihnachtsfest noch brauchen.“  

  

So wurde das MeiFoE, das Meinungsforschungsinstitut der Engel gegründet und eine Menge Daten zusammen getragen. Die Engel beobachteten die Menschen in ihrem Tun und sahen sich auch ihre Gedanken und Träume an. Schon nach kurzer Zeit fand im Himmel eine erste auswertende Konferenz statt. Erzengel Gabriel hatte den Vorsitz. Er referierte über die Forschungsergebnisse und die Schwierigkeiten der Erhebung. Dass man sich darauf geeinigt habe, die Momente festzuhalten, an denen die Menschen intensiv an Weihnachten dachten. Folgende Beispiele seien da als besonders repräsentativ zu nennen:

  

Intensiv an Weihnachten wird gedacht:

 

In der Einsamkeit vor dem Fernsehapparat 

Beim Hoffen, dass an Heiligabend endlich alle wieder zusammen sind 

Beim Proben für Krippenspiel und Weihnachtskonzert 

Nachts, im Krankenzimmer, voller Schmerz und Angst 

Beim Einpacken der Geschenke und der Erwartung, dass sich alle darüber freuen werden 

Bei der Hoffnung auf ein paar Tage Ruhe 

Bei der Verzweiflung darüber, sich nicht das gleiche leisten zu können wie alle anderen 

Beim Vorlesen von Wichtelgeschichten 

Bei der Hoffnung darauf, dass an Weihnachten alles gut wird 

Beim Wunsch, gemeinsam Zimtsterne zu backen, aber fürs Backen ist keine Zeit 

Bei Entsetzen über die Fülle der Aufgaben des Tages 

 

Die Liste war sehr lang. Die Engel hörten aufmerksam zu.  

Petrus dankte dem Erzengel für die Zusammenfassung und strich sich über seinen Bart. „Liebe Engel, ihr seid über das Tempo und den Stress der Menschen verzweifelt. Nun haben wir durch unsere Umfrage gelernt, dass die Menschen noch viel verzweifelter sind. Die Sehnsucht ist da, nur denken die Menschen wohl, sie müssten noch mehr schaffen, noch mehr erledigen und kaufen, damit alles gut wird. Damit Weihnachten wird.“ 

 

Alle schwiegen. Schließlich meinte ein Engel: „wir wären schön dumm, wenn wir jetzt streiken würden. Noch nie haben uns die Menschen so sehr gebraucht.“

 

Seitdem sind die Engel mit neuer Kraft unterwegs, um die Menschen durch den Advent zu begleiten. Sie geben alles, damit jeder es merken kann: Weihnachten kann man nicht machen und kaufen. Weihnachten ist schon da – als Geschenk, als Himmelsgabe voller Trost und Hoffnung für alle. Es war kein leichter Job und Petrus erwartete neue Beschwerden aus den Reihen seiner Mannschaft. Doch die blieben aus. Kein Engel streikte.

 


Meinem Schreibkurs sei Dank habe ich trotz der aufreibenden letzten Wochen eine Weihnachtsgeschichte geschrieben.

Diese Geschichte schenke ich euch zum Weihnachtsfest. Habt frohe und gesegnete Tage. 

 

Es gibt auch eine PDF-Version zum Herunterladen. Bitte nur zum privaten Gebrauch.

Und wer mag, hier ist meine Weihnachtsgeschichte vom letzten Jahr.

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Jorin (Freitag, 23 Dezember 2016 20:49)

    Danke, liebe Lucia, für die schöne Geschichte!
    Frohe Weihnachten und viel Zeit für intensive Weihnachtsmomente, Jorin

  • #2

    merlecolibri (Montag, 26 Dezember 2016 07:23)

    danke für deinen weihnachts* text * auch den vom letzten jahr gelesen * sehr lehr*reich !
    austausch um den Tag leichter und glücklicher zu machen !
    schöne momente heute, morgen * und * und * und * * * * * * * *
    mo

  • #3

    Christian (Dienstag, 27 Dezember 2016 19:07)

    Eine schöne, nachdenkliche, berührende und wahre Geschicht. Vielen Dank dafür :)

  • #4

    Erika (Samstag, 31 Dezember 2016 08:19)

    Liebe Lucia,
    Deine Weihnachtsgeschichte habe ich mit Aufmerksamkeit und Lächeln gelesen (wenn auch etwas verspätet :)) Sie ist so schön und ich möchte sie mir speichern, für das nächste Jahr.
    Ich wünsche dir von Herzen Freude und Kraft für das neue Zuhause und das neue Jahr. Habe viele Glückseligkeiten und bleibe gesund!

    Alles Liebe zu Dir
    deine Erika