Als Abschluss des dichterisch intensiven Lyrikmonats Mai lasse ich mir jetzt ein bisschen über die Schulter schauen. So sieht es aus, wenn bei mir ein Gedicht entsteht.
Am Anfang steht der Impuls von Sophie, für den 28.5. hier noch einmal nachzulesen. Es sollte ein Gedicht zum Thema Leertaste sein.
Den Impuls schreibe ich mir am Morgen in mein Notizbuch (ich bin nicht so nachtaktiv, dass ich die Impulse, die Sophie jeweils schon am Abend zuvor rausbringt, gleich mitbekommen würde)
Tagsüber schreibe ich auf, was mir so einfällt.
Ich bin keine Maschine
man kann mich nicht
ausschalten
(oder an machen -obwohl?)
Ich bin keine Maschine
die mit / per Tastendruck
Leerräume schafft
(obwohl?)
Warum ist die Leertaste
so lang?
28 Leertaste
Die gute,
die Computerfee
bei ihr hatte
ich 3 Wünsche frei
ein Update für mein laben
ein Virenscan für meine Nase
und eine Leertaste für meine
Aktivitäten.
als ich aufwachte,
merkte ich,
ich muss meine eigene
Leertaste sein
Beginnend auf der rechten Seite reihen sich Zeilen aneinander. Zu manchen Impulsen sehr viele, zu anderen war gleich ein Gedanke da, den ich verdichten wollte.
Bei diesem Impuls gefiel mir meine Sequenz Ich bin keine Maschine am besten, obwohl ich die Idee mit der Computerfee vielleicht noch einmal benutzen werde. Auch die Frage, warum gerade die Leertaste die längste ist, lohnt sich, zumindest philosophisch.
Für das Gedicht aber wählte ich den Maschinentext. Der nächste Schritt ist das Eintippen im Computer, der noch einmal eine Überarbeitung mit sich bringt:
Obwohl
Ich bin keine Maschine.
Man kann mich nicht anschalten.
Oder anmachen.
Obwohl?
Ich bin keine Maschine.
Reagiere nicht auf
Knopfdruck.
Obwohl?
Als getippte Version auf dem Bildschirm feile ich herum. Worte, Satzzeichen...
Interessant für mich war, dass die Leertaste und die Leerräume in dieser Version letztendlich nicht mehr vorkommen. Da Zeitdruck herrscht, veröffentliche ich das Gedicht hier auf meinem Blog *Klick* und bei Sophie *nochmal klick*. Spannend sind die Gedichte der Anderen, die ich immer erst lese, wenn meins veröffentlich ist. Wie verschieden zu dem selben Impuls gedichtet wird, das ist fantastisch.
Ein bisschen Ablagerung wäre manchmal hilfreich. Nach ein paar Tagen oder Wochen kann ich meine Zeilen besser beurteilen. Doch im Lyrikmonat geht es darum, täglich zu dichten, egal was sonst noch ansteht. Erstaunlicher weise klappt das ziemlich oft. (Nur auf meiner Weiterbildung hatte ich mich ausgeklinkt.)
So also entsteht bei mir ein Gedicht. Zeigen kann ich das. Unerklärlich bleibt es trotzdem.
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