Der vergessene Euro - in fünf Varianten erzählt

 

Einer ging im Supermarkt einkaufen. Er vergaß das Eurostück im Einkaufswagen. Eine Frau bemerkte dass und brachte ihm den Euro hinterher.

 

An diesem Tag sah sie ihn wieder. Endlich. Sie folgte ihm durch die Regale. Stand nahe hinter ihm an der Schlange an der Kasse. Was für ein stattlicher Mann. Sie konnte ihr Glück kaum fassen: er ließ das Eurostück im Einkaufswagen liegen. Sie nahm die Münze, lief zu seinem Wagen und hatte zum ersten Mal einen Vorwand, um mit ihm reden zu können: „Sie haben etwas vergessen.“

 

Viele Alltagstätigkeiten werden automatisch erledigt. Zum Beispiel das Auto fahren oder das Abwaschen. Dabei muss nicht über die einzelnen Handgriffe nach gedacht werden. Schwierig wird es erst dann, wenn Menschen in hohem Maße abgelenkt sind. Dann funktionieren solche automatischen Tätigkeiten nur fehlerhaft oder gar nicht mehr. In solch einem Fall kann selbst ein Pedant sein Eurostück im Einkaufswagen liegen lassen.

 

Das ist oft so. Die vergessen ihre Euros im Wagen. Davon leben kann ich nicht, weil die meisten solche dämlichen Chips haben. Ein Geschäft ist es trotzdem. Fast so gut wie Pfandflaschen sammeln. Deshalb ist das mein Stammplatz hier. Der Anzugtyp da, das hätte was werden können. Aber diese Tussi muss mir zuvor kommen. Und ihm das Geld auch noch zurück geben. Blöd, die Alte. Echt blöd.

 

Du kannst dir nicht vorstellen, was mir heute passiert ist. Nach diesem vollen Tag musste ich noch einige Lebensmittel einkaufen. Ich denke immer, die Leute halten mich für überheblich, wenn ich im Anzug durch die Regalreihen laufe. Kennst du das auch? Was soll das? Wir wollen ja auch essen und trinken, oder? Nun, ich habe eingekauft und bezahlt und mein Soll war vollendet. Doch dann kommt eine Frau ans Auto und reicht mir meinen Euro, der noch im Einkaufswagen gesteckt hat. Kannst du dir das vorstellen? Wo ich doch nie etwas vergesse.

 


 

Als private Sommerfreude arbeite ich momentan mit dem wunderbaren Buch More five Minute Writing von Margaret Geraghty. Ihr seht hier das Ergebnis einer Übung aus diesem Buch: den Erzählstil variieren, eine simple Szene aus verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Textsorten beschreiben. Das macht Spaß, kitzelt Ideen heraus und schult das Stilempfinden enorm.

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